Auf der großen internationalen Immobilienmesse Expo Real wurde diskutiert, wie günstigere Wohnungen gebaut werden können. Die Bundesbauministerin verwies auf den Hamburg-Standard. Doch kann ein günstigeres Wohnen durch günstigeres Bauen gelingen? Wir beleuchten die Initiative und fragen nach Beispielen, Knackpunkten und ziehen ein Fazit:
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ToggleEine Lösung für bezahlbares Bauen: der Hamburg Standard
Eine Initiative aus Hamburger Baufirmen, Architekten, Geschäftsführern von Wohnungsgesellschaften sowie vielen weiteren Fachleuten erarbeitete einen alternativen Baustandard, der unter dem Namen Hamburg-Standard bekannt ist und kostenreduziertes Bauen möglich machen soll.
Kernpunkte des Hamburg-Standards sind
- kostenreduzierende Baustandards
- Prozessoptimierung bei Planung und Bau
- Beschleunigte Genehmigungsverfahren
Im Ergebnis wurde ein Werkzeugkasten mit umfangreichen Arbeitshilfen erarbeitet, der Bauenden gezielte Unterstützung bietet um Kosten zu senken und Abläufe zu optimieren.
Die Initiatoren gehen davon aus, dass ein Drittel der Baukosten durch die erarbeiteten Maßnahmen gesenkt werden können. Wissenschaftler hätten bestätigt, dass Baukostensenkungen von bis zu 2.000 Euro brutto je Quadratmeter Wohnfläche mit dem Hamburg-Standard möglich sind.
Vergleich zum klassischen Baustandard: die wichtigsten Unterschiede
Die Initiative hat rund 39 Normen, Verordnungen und Vorgaben identifiziert, von denen rechtssicher abgewichen werden kann, sofern die Wohnqualität darunter nicht leidet.
Der Effizienzhausstandard 55 wird empfohlen, dagegen wird der Effizienzstandard EH 40 als zu teuer betrachtet und gefordert, dass er nicht zwingend gefördert werden sollte. Dies wird von Umweltschützern kritisiert. Quelle: Welt
Bewusster Verzicht auf kostenintensive Ausstattungsmerkmale wie Keller, Tiefgaragen und niedrigere Anforderungen bei Betondeckendicken und Schallschutzniveaus führen zu weiteren Kostensenkungen im Neubau.
Schließlich sollen beschleunigte Verfahren und optimierte Genehmigungsabläufe für schnelleres Bauen sorgen – denn Zeit ist beim Wohnungsbau auch Geld.
Aktuelle Bauprojekte nach Hamburg-Standard
In Hamburg wurden 13 Pilotprojekte ausgewählt, die den Hamburg-Standard in der Praxis testen sollen. Bei der Projektauswahl wurde auf eine möglichst große Vielfalt bei den Bauvorhaben geachtet. Insgesamt sollen 1.200 neue bezahlbare Wohnungen entstehen.
Die Bauträger der ausgewählten Projekte werden vom Technologietransferzentrum der TU Braunschweig unterstützt und von der Initiative kostenreduziertes Bauen betreut. Einige Projekte befinden sich bereits in der Umsetzung (Grafik Stand Juni 2025)
Mehr dazu: Initiative kostenreduziertes Bauen https://www.bezahlbarbauen.hamburg/
Wir haben die KI gefragt, wo die Knackpunkte liegen und ob der Hamburg-Standard den angekündigten „Wumms“ am Wohnungsmarkt befeuern wird:
Was KI zum Hamburg-Standard sagt:
Potenzielle Wirkungen & Spannungsfelder
- Entlastung des Wohnungsmarkts durch mehr Angebote mit niedrigeren Herstellungskosten
- Qualitätsrisiken, wenn zu stark auf Komfort, ökologische Standards oder Langlebigkeit verzichtet wird – hier liegt Kritikpotenzial
- Spannung mit Klimazielen, falls energetische Anforderungen abgesenkt werden (insbesondere in Relation zu bundes- und EU-Vorgaben)
- Übertragbarkeit: Ob das Konzept nur in Hamburg funktioniert oder auch in anderen Städten adaptiert werden kann
- Akzeptanz bei Investoren und Bauwirtschaft: Die Balance zwischen Kosten und Marktattraktivität
Offene Fragen und kritisch zu beobachtende Aspekte rund um günstigeres Bauen
- Wie weit dürfen Normabweichungen gehen, ohne rechtlich angreifbar zu sein?
Die Initiative spricht von „rechtssicheren Abweichungen“, doch welche konkreten Normen sich wie ändern lassen, hängt stark von Genehmigungsbehörden und Rechtsprechung ab. - Wie wird sichergestellt, dass die Wohnqualität nicht leidet?
Wenn etwa Schallschutz, Raumhöhe oder Ausstattung reduziert werden, sollte geprüft werden, ob Komfort oder Wohnwert verloren gehen. Der Begriff „maßgeblich eingeschränkt“ ist interpretationsbedürftig. - Wie kompatibel ist der Hamburg-Standard mit Bundes- und EU-Anforderungen (z. B. Energieeffizienz, Gebäudeenergiegesetz, Gebäuderichtlinien)?
Es wird bereits diskutiert, dass Hamburg im Rahmen des Standards von besonders hohen Effizienzklassen abrücken könnte. - Langfristige Lebenszykluskosten
Einsparungen beim Bau können sich eventuell durch höhere Instandhaltungskosten oder Energieverbrauch ausgleichen. Eine ganzheitliche Kostenbetrachtung ist notwendig. - Übertragbarkeit auf andere Städte / Regionen
Hamburg nutzt spezielle Rahmenbedingungen (z. B. hohe Grundstückpreise, große Wohnungsnachfrage) – ob der Standard in weniger dichten oder günstigeren Märkten funktioniert, ist offen.
Was uns auffällt sind einige Knackpunkte, die den Ball zurück auf die gesellschaftliche und letztlich politische Ebene spielen:
- Klimaschutz ist ein Kostentreiber beim Bauen. Wieviel Klimaschutz können und müssen wir uns hier leisten?
- Wer günstig bauen will braucht andere Normen: hier ist doch wieder der Gesetzgeber gefordert.
- In Deutschland gibt es große regionale Unterschiede und dort, wo günstige Wohnungen hauptsächlich gebraucht werden, also in den Ballungszentren, sind hohe Grundstückspreise schon ein wesentlicher Kostentreiber.
- Die Zeit drängt, doch die Baubranche selbst hat noch kaum Erfahrung mit dem neuen Standard. Viele Projekte für kostengünstiges Bauen befinden sich noch im Bau oder in der Planungsphase.
Mein Fazit: Es zeichnet sich ab, dass sich auch mit dem gut gemeintem Hamburg-Standard zu wenig auf Bundesebene bewegen wird, was einen Wumms auf dem Wohnungsmarkt bewirken könnte.