wir wagen den Blick in die Glaskugel: wie werden Wohnungen und Häuser in der Zukunft aussehen? Was wird sie von heutigen Wohnhäusern unterscheiden? Eine Diskussion rund um die Energiewende zeigt, dass die Wohngebäude der Zukunft anders beheizt werden dürften:

neue Heizkonzepte für Wohnungen und Häuser

Die steigenden Heizkosten und der Klimadruck machen neue Konzepte zwingend: Könnten Wohnungen und Häuser bald mit Abwärme beheizt werden? Ja — und einige Projekte zeigen bereits, dass diese Zukunft möglich ist. Doch was steckt dahinter? In diesem Artikel erfahren Sie, wie Abwärme funktioniert, wo das Potenzial liegt, und wie sich das auf Mieter, Käufer und Immobilien entwickeln kann.

Was ist Abwärme und wie kann sie genutzt werden?

Abwärme entsteht immer dann, wenn Energie in einem Prozess nicht vollständig genutzt wird – etwa bei Produktionsmaschinen, Rechenzentren, Kühlanlagen oder auch in Abwasser. Diese überschüssige Wärme liegt oft bei niedrigen Temperaturen (z. B. 30–50 °C). Fraunhofer ISI+3Gasag Solution+3suhl.ihk.de+3

Damit sie zum Heizen taugt, kommt eine Wärmepumpe ins Spiel: Sie hebt die Temperatur auf 60–80 °C, die üblichen Heizwerte in Wohnungen oder Häusern. Dieser Zwischenschritt reduziert zwar die Effizienz, ist aber technisch gut machbar. suhl.ihk.de+3Haufe.de News und Fachwissen+3Gasag Solution+3

Wie groß ist das Potenzial?

• In Deutschland beträgt das technische Potenzial für netzgebundene Abwärmenutzung derzeit 11–13 Terawattstunden (TWh, eine Terawattstunde entspricht 1 000 000 000 kWh, also 1 Milliarde Kilowattstunden) , bei Ausbau sogar 23–29 TWh pro Jahr. ifeu Institut+1

• Stimmen rechnet man in NRW mit 88 TWh Abwärme aus Industrieprozessen – genug, um etwa 60 % des Wärmebedarfs der Wohngebäude in NRW zu decken. Grüne Fernwärme

• Viele Studien berücksichtigen aber nur gelenkte Abgasströme; diffuse Wärmequellen oder Abwasser werden oft ausgeklammert, wodurch das tatsächliche Potenzial höher liegen könnte. Fraunhofer ISI+2suhl.ihk.de+2

Zusätzlich können Abwasserwärmerückgewinnung (AWN) und kalte Nahwärmenetze wichtige Beiträge leisten. Beispielsweise könnten 5–15 % des Wärmebedarfs im Gebäudesektor durch Abwasserwärme gedeckt werden. Wikipedia

Praxisbeispiele: Abwärme in Wohnungen – das geht schon heute

• Berlin – Pallasseum: Etwa 500 Wohnungen sollen ab Herbst 2025 zu 65 % mit Abwärme aus einem Rechenzentrum beheizt werden. Zwei Wärmepumpen heben die Temperatur von ~30–35 °C auf 75–80 °C. Tagesspiegel

• Neubauquartier Berlin: Rund 4.500 Wohnungen, Gewerbe, Kitas und Schulen werden perspektivisch mit Abwärme von zwei Rechenzentrumsanlagen versorgt. Handelsblatt

• Hattersheim (Hessen): Über 600 Haushalte werden per Nahwärmenetz mit Abwärme eines Rechenzentrums versorgt – ergänzend zu einem Biomethan-Heizsystem. ChannelPartner

• Bazel / Schweiz: Das Projekt „uptownBasel“ nutzt Abwärmequellen, um umliegende Wohngebiete mit Wärme zu versorgen. BaselCircular

Diese Beispiele zeigen: der Übergang ist möglich – besonders dort, wo Quelle und Verbraucher räumlich nahe sind.

Chancen & Vorteile für Mieter und Käufer

• Sinkende Heizkosten: Die Nutzung vorhandener Wärmequellen kann fossile Energieeinsätze reduzieren und langfristig zu stabileren und niedrigeren Heizkosten beitragen. Haufe.de News und Fachwissen+2AGFW+2

• Nachhaltigkeit & Klimaschutz: Abwärmenutzung gilt als Teil der Wärmewende und hilft, CO₂-Emissionen zu senken. Fraunhofer ISI+3AGFW+3Gasag Solution+3

• Attraktivere Immobilien: Wohnungen und Häuser mit moderner, klimafreundlicher Wärmeversorgung können an Wert gewinnen – zum Mieten oder Kaufen.

• Kosteneffizienz und Kalkulierbarkeit: Wird das System gut ausgelegt, sind die laufenden Kosten oft gut planbar und weniger abhängig von fossilen Brennstoffpreisen. Haufe.de News und Fachwissen+1

Grenzen, Risiken & notwendige Bedingungen

• Technische Anpassungen: Alte Heizsysteme (z. B. hohe Vorlauftemperaturen) in Wohnhäusern müssen modernisiert werden. Zunächst wird es also teurer, bevor nachhaltiger geheizt werden kann. Mainova+2suhl.ihk.de+2

• Wärmeverluste bei Transport: Längere Leitungen bedeuten Verluste und verteuern die Lösung. Heizsysteme, die Abwärme nutzen sind vor allem dort effizient, wo kurze Wege zu den Erzeugern der Abwärme vorhanden ist.  Mainova+2TÜV NORD+2

• Pufferung und Speicher: Wärmebedarf und -angebot fallen oft asynchron an – Speicher für Ausgleich sind notwendig. AGFW+1

• Investitionskosten und Amortisation: Der Aufbau von Netzen, Wärmetauschern und Regeltechnik ist teuer. Ob sich das rechnet, hängt von Nutzung, Förderungen und Wärmepreisen ab. AGFW+2ifeu Institut+2

• Regulatorik: Einspeiseverträge, Nutzungsrechte, Förderprogramme und Vorschriften müssen geklärt sein. ifeu Institut+2AGFW+2

• Effizienznachteile durch Umwandlung: Jede Umwandlung und Transportstufe bringt Verluste, die den Nettoeffekt schmälern.

Ausblick: Wann und wo wird Abwärme relevant für Wohnungen & Häuser?

Die flächendeckende Nutzung von Abwärme in Wohngebäuden wird nicht über Nacht Realität. Aber in dichten Städten, in Quartieren mit gemischter Nutzung (Industrie, Gewerbe, Wohnen) oder in Neubaugebieten, bei denen Quelle und Verbraucher nahe beieinander liegen, bieten sich große Chancen.
Kalte Nahwärmenetze, Abwasserwärme und innovative Hybridlösungen werden parallel eingesetzt, um das Heizen wirtschaftlich und klimafreundlich zu gestalten.

Wenn Wohnanlagen in der Nähe industrieller Anlagen oder Rechenzentren liegen– oder wenn neue Wohnquartiere geplant werden – kann der Anschluss an Abwärmenetze ein zukunftsträchtiges Alleinstellungsmerkmal sein.

Fazit: Die Wohnungen und Häuser der Zukunft werden auch aber eben nicht nur mit Abwärme beheizt werden können. Abwärmenetze können dort, wo Wärmeerzeuger und Wärmeabnehmer nebeneinander liegen, ein sinnvoller Baustein einer nachhaltigen Energieversorgung sein.