Urlaub auf Balkonien

Balkonien – Urlaub für das ganze Jahr

Nur über eine Türschwelle treten und damit dem Alltag entfliehen? Das klingt wie der Einstieg in die fantastische Geschichte eines Kinderbuches. Das soll möglich sein, ohne die Strapazen, Kosten und Klimafolgen einer Reise auf sich zu nehmen? Ja, das klappt, wenn zur Wohnung auch ein Balkon gehört. Je nach Lage und Größe kann der Freisitz für die verschiedensten Zwecke genutzt werden: für das Frühstück in der Morgensonne, als Lounge für den Aperitif nach Feierabend, als Grillplatz für die gesellige Runde, als Spielwiese für die Kleinen, als Nutzgarten oder blumige Oase und als natürliches Sonnenstudio.

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Fotos: Babette Dietrich

Nutzung und Potenzial der Balkongestaltung

Bis Ende der 1930er Jahre wurden in den Städten zur Straße hin reine Schmuckbalkone gebaut und an der Gebäuderückseite zum Innenhof gerichtet, Wirtschaftsbalkone angebracht. Sie grenzten meist an die Küche und dienten der Wäschetrocknung und der Hausarbeit im Freien. Auf dem Land dagegen wurden die als „Schrot“ oder „Gangl“ bezeichneten Balkone für die trockene Verwahrung von Gütern genutzt.

Diese Zeiten sind vorbei und dank immer mehr Freizeit durch maschinelle Helfer im Haushalt sowie kürzeren Wochenarbeitszeiten wurden die Balkone zur Wohlfühloase aufgewertet. Ein Jeder kann sich seinen Traum für eine Auszeit in den eigenen vier Wänden erfüllen, wenn er seinen Fokus schon bei der Planung auf die wesentlichen Punkte richtet: Lage, Größe, Nutzung, Einrichtungsstil, Bepflanzung, Budget und Gebäudevorgaben.

Lage des Balkons – größter Entscheidungsfaktor für die Gestaltung

Von der Dauer der Sonneneinstrahlung hängt ab, zu welcher Zeit und zu welchem Zweck sich der Bewohner dort aufhält. Außerdem vertragen Materialien und Pflanzen mal mehr und mal weniger Sonne. Darum sollten Nutzung, Materialien, Möblierung und Pflanzen je nach Himmelsrichtung, zu der ein Balkon ausgerichtet ist, optimal ausgewählt werden.

Der Südbalkon bekommt den ganzen Tag Sonne ab, so dass sich ein ausgiebiges Sonnenbad anbietet. Wenn genug Platz vorhanden ist, sollte eine Liege mit Beistelltisch zur Grundausstattung gehören. Dabei kann ein Sichtschutz neugierige Blicke abschirmen. Falls der Aufenthalt hier länger dauern soll, ist ein Sonnenschutz in Form von Markise, Sonnenschirm oder Sonnensegel unerlässlich. Gut beschattet schmecken Mahlzeiten an einer Sitzgruppe im Freien besonders gut. Auf Möbel aus Metall sollte verzichtet werden, diese heizen sich zu sehr auf, ebenso wie Bodenbeläge aus Stein oder Keramik. Geeignetes Material für den Südbalkon ist Holz, Rattan und Kunststoff. Wer es pflegeleicht will, entscheidet sich gegen Holzmöbel, da deren Oberfläche regelmäßig behandelt werden sollte. Für den Boden bieten sich Holzdielen an oder man belegt einen vorhandenen Steinboden mit einem Outdoorteppich. Bei der Wahl der Farben sollte auf helle Töne gesetzt werden, damit das Sonnenlicht reflektiert wird, bevor die Materialien zu sehr aufgeheizt werden.

Mediterrane Pflanzen wie Oleander, Oliven und Lavendel gedeihen in praller Sonne aber auch Geranien, Petunien und Hibiskus fühlen sich hier wohl. Mit der Hitze kommen auch Wandelröschen, Bougainvilleen, Zinnien, Currykraut, Portulakaröschen oder Dukatenblumen klar. Auch alle Arten von Sukkulenten, die Wasser speichern können, eigenen sich zur Zierde.

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Foto: Elina Sazonova | Pexels

Tipp: Der Balkon als Nutzgarten

Urban Gardening nennt sich der Trend, als Städter Obst und Gemüse anzubauen. Dafür sollte der Balkon allerdings nach Südosten bis Südwesten ausgerichtet sein, damit die Nutzpflanzen über genügend Sonnenlicht für ihr Wachstum verfügen.

Gemüsearten für den Balkon sind:

  • Radieschen
  • Pflücksalat
  • Zuckererbsen
  • Möhren
  • Bohnen
  • Tomaten
  • Gurken
  • Paprika
  • Kräuter

Obstsorten, die auf dem Balkon gedeihen:

  • Erdbeeren
  • Zitrone
  • Himbeere
  • Feigen
  • Physalis
  • Pfirsich
  • Heidelbeere
  • Brombeere
  • Johannisbeere
  • Säulenobst (Apfel, Kirsche etc.)

Was bei Südlage manch Einem zu viel wird, fehlt beim Nordbalkon völlig – die Sonne. An heißen Sommertagen bietet er zwar einen verlässlichen Schattenplatz, aber bereits in der Übergangszeit kann es hier unangenehm kühl werden. Darum sollte ein Windschutz fest eingeplant werden, ohne Zugluft ist auch hier ein schöner Freisitz möglich. Da mangels Sonneneinstrahlung Tau und Regenwasser nur sehr langsam trocknen, bilden sich häufig Algen und Moose auf Oberflächen. Ideale Materialien für Möbel sind deshalb wetterfester Kunststoff oder nichtrostende Metalle wie Aluminium und Edelstahl, die mit Polstern ausgestattet, durchaus kuschelig sein können. Auch der Bodenbelag sollte entsprechend ausgewählt werden: Stein- oder Keramikböden sowie Aludielen oder WPC (Wood Plastic Composites) eignen sich hier besonders gut. Farblich kann es hier gerne etwas knalliger zugehen, gelbe Töne ersetzen die fehlende Sonne, helle blaue Töne simulieren einen wolkenlosen Himmel und Rot oder Orange sorgen für Wärme.

Auch auf der Nordseite gedeihen Pflanzen. Schattenblüher wie Impatiens, Hortensien, Begonien, Fuchsien oder Lobelien halten nicht viel von der Sonne. Schöne Blätter bieten Buntnesseln oder Gräser und Farne, Funkien oder Purpurglöckchen. Efeu benötigt ebenfalls wenig Licht und kann zu grünen Wänden ranken.

Pflegeleicht sind Balkone im Halbschatten. An Materialien ist alles ohne Einschränkung denkbar: Holz, Metall, Kunststoff und Rattan. Auch beim Bodenbelag kann frei nach Geschmack zugegriffen werden. Hier kommt zum einen genügend Sonne an, so dass Feuchte verdampft und zum anderen sorgt der Schattenanteil dafür, dass sich nicht alles aufheizt oder austrocknet.

Der Ostbalkon bietet sich an für ein ausgedehntes Frühstück in der wärmenden Morgensonne, darum darf hier ein bequemer Essplatz nicht fehlen. Nachmittags und abends wird dieser zum Grillen genutzt, dank Schatten lässt es sich dann aushalten.

Tipp: Die Beleuchtung nicht vergessen!
Ob Windlichter, Fackeln, Lichterketten oder Lampions – mit einer stimmungsvollen Beleuchtung lässt es ich bis tief in die Nacht auf dem Balkon aushalten.

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Foto: Daria Shevtsova | Pexels

Für den Halbschatten taugliche Pflanzen sind Margeriten, Impatiens, Lobelien, und Petunien. Üppige Blüher sind Begonien, Dahlien, Hortensien, Fuchsien und Clematis. Aber auch Buchsbaum, Zierahorn oder Storchenschnabel sowie Kapuzinerkresse, Geranien oder Elfensporn gedeihen hier gut.

Ist der Balkon nach Westen ausgerichtet, eignet er sich hervorragend dazu, den Arbeitstag in der Abendsonne ausklingen zu lassen. Loungemöbel können hier für das passende Flair sorgen, um den Cocktail zu genießen. Da die Westseite auch meistens die Wetterseite ist, sollte bei Bedarf an den Windschutz gedacht werden.

Auch hier wächst alles, was den Halbschatten liebt. Ein besonderer Clou sind jedoch Duftpflanzen, die ihr Parfüm erst am Abend freigeben: Ziertabak, Engelstrompete, Nachtviole, Wunderblume oder Nachtkerze. Damit sind sie ideale Kandidaten für den Westbalkon.

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Foto: Rovelyn Camato | Pexels

Kommt es auf die Größe an? – Erholung auch auf kleiner Fläche

Bei begrenztem Platzangebot sind um so pfiffigere Ideen gefragt, damit der Freisitz auch wohnlich wird. Klappstühle und -tische helfen dabei, ebenso wie Kombimöbel. So kann eine Truhe für Stauraum sorgen und je nach Höhe auch als Tisch oder Sitzbank dienen. Wenn die Hauswände in die Gestaltung mit einbezogen werden, sei es durch Bepflanzung, Regale oder angebrachte Lehnenpolster und Tischplatten, wird ebenfalls auf wenig Fläche das Meiste herausgeholt. Auch die Brüstung lässt sich einbeziehen, indem außer den üblichen Blumenkästen auch Ablagen oder Vogelhäuser eingehängt werden. Falls ein weiterer Balkon über dem eigenen besteht, können hier Blumenampeln oder Lampions abgehängt werden.

Große Balkone fordern auf andere Weise heraus: Schnell stehen Möbel da, die verloren wirken. Die Fläche will gefüllt werden und gleichzeitig soll die Einrichtung für Urlaubsstimmung sorgen. Hier empfiehlt es sich, Funktionszonen einzurichten: Da ist die Grillstelle mit einem kleinen Kohlelager und Ablagen für die Zutaten. Daneben ein Stehtisch mit Barhockern für den Grillmeister und seine Gehilfen. Weiter entfernt, um nicht eingeräuchert zu werden eine großzügige Sitzgruppe für die Gäste.

Tipp: Anregungen aus dem Netz holen
Wer bei pinterest „Balkongestaltung“ eingibt, findet unzählige Beispiele für jeden Geschmack und Geldbeutel. Probieren sie auch eine allgemeine Bildersuche mit dem Schlagwort „Balkondesign“.

Alles erlaubt! Oder? – Einschränkungen bei der Gestaltung

Egal ob Eigentümer oder nicht – die Nutzung eines Balkons findet seine Grenzen dort, wo Rechte des Vermieters oder anderer Haus- bzw. Wohnungseigentümer beeinträchtigt oder Nachbarn unzumutbar gestört werden.

Ein Mieter darf nur solche baulichen Veränderungen ohne Genehmigung des Vermieters übernehmen, die nicht oder nur geringfügig in die Bausubstanz eingreifen. Sie müssen bei Vertragsende leicht wieder rückgängig gemacht werden können. Weitere Untersagungen können im Mietvertrag oder in der Hausordnung aufgelistet sein.

Wohnungseigentümer müssen sich an eventuelle Einschränkungen halten, die in der Teilungserklärung aufgeführt werden und selbst der Gestaltungsdrang von Hauseigentümern kann durch städtische Bauverordnungen oder den Einspruch von Nachbarn gebremst werden.

Dem Nachbarn steht ein Besitzschutzanspruch aus § 862 BGB zu, der ihn berechtigt, vom dem Balkonnutzer Unterlassung eines bestimmten Verhaltens oder die Beseitigung eines Zustandes zu verlangen, wenn er in seinem Besitz durch verbotene Eigenmacht seitens des lästigen Nachbarn gestört wird.

Was erlaubt ist entscheidet oft der Einzelfall, die Grenzen sind fließend. Betroffen sind von diesen möglichen Einschränkungen:

  • Katzennetz / Katzengitter
  • Markise
  • Sichtschutz
  • Verglasung
  • Wäscheleine
  • Bepflanzung
  • Fahnen
  • Lichterketten
  • Plakate / Banner/ Aufkleber
  • Partys
  • Grillen
  • Rauchen
  • Vögel füttern
  • Wäsche trocknen

Detailliertere Infos und interessante Gerichturteile finden Sie auf https://www.mietrecht.org/mietvertrag/balkonnutzung/

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Foto: Athena | Pexels

Ein weiterer Punkt, der die Nutzung eines Balkons einschränkt, ist die Statik. Immer wieder wird über eingestürzte Balkone berichtet. In DIN 1055 wird die Verkehrslast festgelegt, welcher der auskragende Freisitz standhalten muss. Die Verkehrslast ist die veränderliche oder bewegliche Belastung eines Bauteils. Hierzu zählen Personen, Einrichtungsstücke, unbelastete leichte Trennwände, Lagerstoffe, Maschinen, Fahrzeuge, Kranlasten, Wind und Schnee.

Bei Balkonen über 10 m² Grundfläche in Wohngebäuden liegt diese bei 3,5 kN/m², was 350 kg entspricht oder fünf Personen, die jeweils 70 kg wiegen. Dabei sind noch keine Möbel oder Pflanzgefäße eingerechnet. Balkone bis 10 m² Grundfläche müssen 5 kN/m² aushalten, also 500 kg, was gut sieben Personen á 70 kg bedeuten würde. Außerdem sind Horizontallasten bei Brüstungen und Geländern in Holmhöhe auf

50 kp/m (0,5 kN/m) genormt, sprich: diese müssen einen waagrechten Druck von 50 kg je laufenden Meter aushalten.

Somit ist Jedem angeraten, sich hinzusetzen und zu rechnen, bevor er auf der Sylvesterparty alle Gäste auf den Balkon lässt oder bevor er ein Planschbecken aufstellt. Ein kleineres Kinderplanschbecken mit 1,5 m Durchmesser und 30 cm Höhe fasst 275 l Wasser und wiegt damit schon über 150 kg/m². Bei einem größeren Modell mit höherem Rand wird es schon kritisch. Auch gefährlich werden kann es, wenn man bei einem Umzug die Möbel über den Balkon in die Wohnung hievt.

Der Balkon und verwandte Bauformen

Neben dem klassischen Balkon kommen noch einige andere Arten von Anbauten und Freisitzen vor. Je nach Konstruktion tragen sie unterschiedliche Bezeichnungen.

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Foto Links: Kristina Paukshtite | Pexels
Ein Erker ist ein geschlossener, überdachter, über ein oder mehrere Geschosse reichender Vorbau an der Fassade eines Hauses.

Foto Mitte: Jeffrey Czum | Pexels
Der französische Balkon ist ein bodentiefes Fenster mit Geländer, das nur minimal aus der Fassade hervortritt.

Foto Rechts: Jovydas Pinkevicius | Pexels
Ein Balkon ist ein erhöhter, offener Austritt an einem Obergeschoss, der aus der Wand hervorkragt. Die Kragplatte kann selbsttragend sein oder mittels Konsolen oder Streben an der Wand abgestützt werden.

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